Von schwierigen Essern
Mal Hand aufs Herz: wer von Euch hat ein Kind, das beim Essen extrem wählerisch ist? Und wer von Euch hat schon mal den Satz „Naja, wenn alle anderen essen, wird er/sie auch mitessen!“ gesagt? Vermutlich trifft auf jeden entweder das eine oder das andere zu (oder keins von beidem) – aber bestimmt nicht beides zugleich.
Ja, ich habe ein extrem wählerisches Kind und seitdem würde ich sowas wie den Satz oben oder „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt!“ nie und nimmer sagen.
Und ebenfalls ja: mir kommen Sätze dieser Art dermaßen zu den Ohren raus, dass ich manchmal richtig an mir halten muss, solche unnötigen Diskussionen höflich und sachlich zu führen, statt einfach mal zu sagen, der andere solle die Klappe halten und sich um seinen eigenen Kram kümmern.
Aber woher kommt meine Wut bei diesem Thema? Mein Bärchen isst Gekochtes nur dann, wenn daran keine Sauce, Zwiebel oder Gewürze (außer Salz) sind. Das heißt: Nudeln, Kartoffeln und Reis trocken oder mit neutralem Käse oder einem Stückchen Butter. Dazu kommen Fischstäbchen, Pizza Margarita mit Mais, Milchreis, Kaiserschmarrn, gegrillte Zuchini, Würstchen, Fleischkäse und Maultaschen ohne Brühe.
Ansonsten isst er massenweise Haferflocken, Früchtemüsli und Obst, rohe Karotten und Tomaten, Brot mit Butter oder Marmelade. Ja, das Essen ist nicht abwechslungsreich aber mit dem Kinderarzt abgesprochen und ausgewogen. Er hat kein Untergewicht und ist völlig normal entwickelt. Problematisch wird es nur, wenn er in die Ferienbetreuung muss und dort mittagessen soll.
Man sollte meinen, es wäre kein Thema abzusprechen, dass er nur isst, was er mag, ohne, dass es dabei Diskussionen gibt. Aber irgendwie meint jeder, mich über gesunde Ernährung aufklären zu müssen und mich sozusagen als schlechte Mutter hinzustellen, weil ich mein Kind nicht „anständig“ ernähre… Erst der Hinweis, dass es passieren kann, dass er sich auf den Teller übergibt, weil ihm die Sachen wirklich nicht schmecken, lässt den missionarischen Eifer meist erliegen. Nur, warum muss ich immer so deutlich werden? Muss man wirklich wegen einer Woche so ein Theater machen?
Und seien wir doch mal ehrlich: Wenn mich jemand mit 20 anderen Leuten an einen Tisch setzt, die alle Kutteln oder Erbsen essen, esse ich trotzdem nicht mit! In Asien sind frittierte haarige Spinnen ein Snack wie hier Chips, trotzdem würde ich mit knurrendem Magen und geschlossenen Augen daneben sitzen, selbst wenn 400 Leute neben mir genüsslich am Kauen wären… Warum erwarten wir also von Kindern, dass sie etwas tun, was wir als Erwachsene niemals machen würden? Wir essen auch nichts, was uns nicht schmeckt, nur weil andere es mögen. Nur haben wir den Vorteil, dass wir aussuchen können, was wir kochen…
Und warum unterstellen wir immer, die Kinder würden das “ Theater“ nur wegen der Aufmerksamkeit machen? Bärchen zum Beispiel will keinerlei Aufmerksamkeit! Ihm ist das ganze Thema so peinlich, dass er inzwischen immer sagt, er hätte keinen Hunger und einfach nichts isst, wenn er in der Ferienbetreuung ist! Er will keine Haferflocken mitnehmen, was ja wirklich kein Aufwand wäre, damit keiner etwas merkt und was Blödes zu ihm sagt! Im Kindergarten musste ich ihn immer vor dem Essen abholen, weil es ihm so peinlich war und er sich nicht getraut hat, nach seinen Haferflocken zu fragen und die ganze Situation für ihn so schlimm war, dass er gar nicht mehr in den KiGa wollte und morgends immer geweint hat. Kaum musste er dort nicht mehr mitessen, ist er wieder freudestrahlend hingegangen und war super glücklich.
Ich weiß auch nicht, warum ihm so vieles nicht schmeckt, aber ich habe es schon lange akzeptiert! Ab und zu probiert er mal etwas Neues. Wenn er nur das Gesicht verzieht oder es ihn schüttelt, ist das ein Erfolg, weil es für ihn nicht ganz so schlimm war. Dabei haben wir noch Glück! In unserem alten KiGa gab es einen Jungen, der am Kindergeburtstag noch nicht einmal Kuchen gegessen hat, weil er nur ganz bestimmte Süßigkeiten isst! Dieses Problem haben wir wenigstens nicht.
Ich finde es erstaunlich, dass ich doch ziemlich viele Familien kenne, die das gleiche Problem haben, die allgemein vorherrschende Meinung aber weiterhin ist, man müsste die Kinder einfach nur zum Essen zwingen, dann wäre das Problem erledigt.
Ich hoffe ja für Bärchen, dass sich irgendwann sein Geschmacksempfinden ändert (werden nicht alle 7 Jahre alle Körperzellen einmal komplett ersetzt?) und er dann deutlich mehr mag. Bei meinem Mann war das auch so (nur weniger extrem). Diese Hoffnung bekommt allerdings immer wieder einen Dämpfer, wenn ich Erwachsene kennenlerne, die immer noch nur Dinge ohne Sauce essen und für die jedes Geschäftsessen die reinste Qual ist…
In letzter Zeit hört man immer wieder davon, dass Kinderrechte ins Grundgesetz sollen. Könnten wir dann vielleicht auch das Recht, selbst zu entscheiden, was uns schmeckt dazu aufnehmen?
Wie macht Ihr das zu Hause? Habt Ihr auch einen schwierigen Esser? Wenn nicht, hoffe ich, dass Ihr sowieso schon Verständnis für die geplagten Familien aufbringt und nicht zu den Missionaren gehört 😉
Und nächstes Mal wird es wieder einen lustigeren Post geben 😉
6 Kommentare
Rebekka
Das Thema „Essen“ ist schwierig, das beobachte ich nicht nur bei meinen Kindern sondern auch bei immer mehr Erwachsenen. Mir gehen die vielen Ratschläge der anderen tierisch auf die Nerven, was ich meinen Kindern zu essen geben sollte oder nicht. Aber da meine Kinder weder unter-/übergewichtig sind, noch sich einseitig ernähren, gebe ich auf diese Menschen nichts. Beim Arzt wird mir jedes Mal bestätigt, dass alles vollkommen normal sei. Also einfach durch, die Vorlieben für gewisse Speisen ändern sich bei uns jährlich…
Liebe Grüße,
Rebekka
Marianne Larisch
Liebe Rebekka,
du sprichst mir aus der Seele! Lass dich nicht beirren und schalte weiterhin auf Durchzug, wenn jemand versucht, dir reinzureden 😉
Ich bin richtig froh, dass wir nicht die einzige Familie mit diesem „Problem“ sind!
Liebe Grüße
Marianne
Andrea
Es beruhig mich, dass ich nicht alleine mit diesem Problem bin. Der Post hat mir wieder mehr Kraft gegeben. Dafür sage ich vielen Dank.
Gruß,
Andrea
Marianne Larisch
Vielen Dank für Deine Rückmeldung! Ich bin auch immer wieder beruhigt, wenn ich merke, dass andere genau die gleichen Probleme haben 😉
Daniela
Liebe Marianne, vielen Dank für Deinen Post. Es ist schön zu hören, dass es anderen Familien auch so geht. Bei uns sind tatsächlich 2 von 3 Kindern eher schwierig beim Essen. Gekochtes Gemüse geht gar nicht, die eine mag eher nur Beilagen, die andere eher Fleisch, aber am liebsten fünf mal die Woche Pfannkuchen. Ich habe schon lange aufgegeben, extra für jeden zu kochen. Dann essen sie halt auch mal nur Kartoffeln mit Butter. Aber ich denke auch, dass sich die Kinder schon holen was sie zum Wachsen brauchen. Da sind dann auch mal viel Rohkost, Salate und riesige Obstteller dabei. Und wir bieten immer wieder an, aber es wird niemand gezwungen, was zu essen oder zu probieren. Das fände ich genauso schlimm wie „Es wird erst aufgestanden, wenn der Teller leer ist!“. Die Kinder müssen ja schließlich eine eigene und gesunde Einstellung zum Essen entwickeln und ich bin davon überzeugt, dass sie das mit der Zeit tun.
Liebe Grüße
Daniela
Marianne Larisch
Hallo Daniela,
nein, wir sind definitiv nicht allein 😉
Der von dir zitierte Satz ist ebenfalls ein absoluter Alptraum, dabei geht nämlich gleich noch das Gefühl dafür, wann man satt ist verloren… Und dann ebnet man nur den Weg zu Übergewicht und ungesundem Essverhalten. Dabei sollte Essen etwas Schönes sein, Zeit mit der Familie ohne Streit und vor allem etwas ganz Natürliches. Mein Opa hat früher immer gesagt: „Über Geschmack lässt sich NICHT streiten!“ und meinte damit, jeder soll essen, was ihm schmeckt und sich nicht reinreden lassen. Und da jeder Mensch verschieden ist, braucht man darüber auch nicht streiten. Und damit hatte er absolut recht 🙂
Liebe Grüße
Marianne